Demokratie stärken – Antisemitismus konsequent bekämpfen
Die Landesregierung legt im Rahmen ihrer Demokratiearbeit einen verstärkten Fokus auf die Bekämpfung des Antisemitismus. Ministerin Bettina Martin stellt in diesem Zusammenhang gemeinsam mit dem Beauftragten für jüdisches Leben in Mecklenburg-Vorpommern und gegen Antisemitismus, Nikolaus Voss, und Dr. Gudrun Heinrich von der Universität Rostock die neue Veranstaltungsreihe „Antisemitismus die Stirn bieten“, die morgen in Rostock startet, sowie die Arbeit der Dokumentations- und Informationsstelle Antisemitismus DIA.MV vor.
Laut Verfassungsschutzbericht 2021 ist die Zahl der gemeldeten antisemitisch motivierten Straftaten im vergangenen Jahr mit 71 nahezu konstant geblieben (2020: 72). Im ersten Halbjahr 2022 ist sie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 23 auf 29 gestiegen. Diese Zahlen zeigen jedoch nicht das ganze Bild des Antisemitismus in der Gesellschaft. Denn darüber hinaus treten antisemitische Vorfälle auf, die nicht strafrechtlich relevant sind, wie z.B. das Tragen eines gelben Sterns auf einer Corona-Demonstration, antisemitische Hetzgesänge bei Sportveranstaltungen oder - insbesondere in den sozialen Medien - das Aufleben von Verschwörungstheorien, die sich gegen Menschen jüdischen Glaubens wenden.
„In unserer Demokratiearbeit verstärken wir den Fokus auf die Bekämpfung des Antisemitismus. Neben den antisemitisch motivierten Straftaten müssen wir auch entschlossen und konsequent gegen alle Formen des Antisemitismus im Alltag vorgehen und ihn offenlegen. Denn all das sind keine Kavaliersdelikte. Hier steckt menschenverachtendes und undemokratisches Gedankengut dahinter. Wichtig sind dabei auch die präventiven Ansätze. Es geht darum, Antisemitismus im Alltag in seinen verschiedenen Formen zu erkennen und dagegen vorzugehen. Hier setzen wir mit der Veranstaltungsreihe „Antisemitismus die Stirn bieten“ an“, erklärte Bettina Martin.
Die Veranstaltungsreihe „Antisemitismus die Stirn bieten“ beginnt am Mittwoch, den 19. Oktober in Rostock. Sie ist von der Landeszentrale für politische Bildung, der Landeskoordinierungsstelle für Demokratie und Toleranz gemeinsam mit der Arbeitsstelle Politische Bildung an der Universität Rostock, dem Studierendenrat (StuRa) der Universität Rostock, dem IQ MV, DIA.MV und dem Beauftragten für jüdisches Leben in MV und gegen Antisemitismus konzipiert. Die Veranstaltungsreihe richtet sich an Lehrkräfte, Lehramtsstudierende sowie an alle an Schulen oder außerschulischen Bildungseinrichtungen Tätigen und umfasst elf Einzelveranstaltungen. Darüber hinaus ist sie für alle Interessierten offen.
Zur verstärkten Arbeit der Landesregierung gegen Antisemitismus gehört auch die Errichtung der Dokumentations- und Informationsstelle DIA.MV in Rostock. DIA.MV dokumentiert und analysiert antisemitische Vorfälle, die auch unterhalb der strafrechtlichen Relevanz liegen. Auf der Internetseite www.dia-mv.de können Vorfälle gemeldet werden. DIA.MV bietet dann Betroffenen Hilfe an. Ziel von DIA.MV ist es auch, ein umfassenderes Lagebild für Mecklenburg-Vorpommern zu erstellen. DIA.MV wird aus Mitteln des Bundesprogramms "Demokratie leben!" finanziert. Für die Jahre 2022 bis 2024 stehen jährlich 163.500 Euro für zwei Vollzeitstellen zur Verfügung.
„Schauen Sie nicht weg, wenn Ihnen im Alltag judenfeindliche Äußerungen oder antisemitische Verschwörungstheorien begegnen! Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. DIA.MV leistet wichtige Arbeit, den Antisemitismus unterhalb der strafrechtlichen Schwelle sichtbar zu machen. Die Dokumentations- und Informationsstelle bietet allen Bürgerinnen und Bürgern eine niedrigschwellige Möglichkeit, auf antisemitische Vorfälle aufmerksam zu machen und auch Beratung zum Umgang mit Antisemitismus zu erhalten“, so Martin.
„Mit der Veranstaltungsreihe wollen wir erstmals in Mecklenburg-Vorpommern in so umfassender Weise ein Zeichen setzen, dass Bildung und speziell Schule auf diese Herausforderungen durch antisemitische Angriffe und Äußerungen reagieren muss. Judenfeindliches Gerede auf dem Schulhof, antisemitische Verschwörungsmythen und antisemitische Posts und Sprüche dürfen nicht ignoriert werden“ sagte Dr. Gudrun Heinrich, Leiterin der Arbeitsstelle Politische Bildung an der Universität Rostock, eine der Mitorganisatorinnen der Veranstaltungsreihe. „Antisemitismus bedroht nicht nur jüdische Menschen, sondern unser demokratisches Selbstverständnis.“
Der Beauftragte für jüdisches Leben in Mecklenburg-Vorpommern und gegen Antisemitismus, Nikolaus Voss, machte deutlich, dass der Präventionsarbeit im Kampf gegen den Antisemitismus eine besondere Rolle zukommt. „Mein erstes Augenmerk liegt auf der Frage, was präventiv getan werden muss, um dem Antisemitismus den Nährboden zu entziehen, um eine Grundimmunität, eine Resilienz gegenüber dem Antisemitismus zu entwickeln. Die beste `Medizin´ gegen den Antisemitismus ist eine breite Kenntnis, ein allgemeines Wissen vom jüdischen Alltagsleben. Was man kennt, was nicht fremd ist, was vielleicht sogar vertraut ist – das sind Grundstoffe dieser `Medizin´“, so Voss.